Komplett aus Holz, komplett CO2-neutral

Der Woodcube, ein Projekt der IBA in Hamburg.

Der fünfgeschossige Woodcube ist bis auf einen Betonkern komplett aus Holz gefertigt. Foto: Hendrik Schwartz

Ein fünfgeschossiges Mehrfamilienhaus aus Holz – ja, das funktioniert! Seit einiger Zeit überbieten sich die Planer und Baufirmen darin, möglichst groß und hoch in Holzbauweise zu bauen. Bei der Internationalen Bauausstellung in Hamburg (IBA) war so ein Haus zu sehen – und steht natürlich im Stadtteil Wilhelmburg-Mitte auch weiterhin, nur dass die IBA mittlerweile beendet ist.

900 Quadratmeter Wohnfläche wurden in nur fünf Wochen Bauzeit errichtet – das darf schon mal als Pluspunkt für das Haus namens Woodcube zählen. Dazu kommen nachhaltige Aspekte: Holz als Baumaterial ohne fremdstoffliche Dämmung oder Plastikfolien, ohne Holzschutzmittel oder Bauchemie, Buchenholzdübel statt Leim, bei der Erstellung und im Betrieb CO2-neutral, komplett biologisch recycelbar – mit diesen Eckdaten erweckt der Woodcube Aufmerksamkeit.

Nahaufnahme Woodcube bei der IBA in Hamburg

Sogar die Bodenplatten der Balkone bestehen aus Holz. Foto: Hendrik Schwartz

Ein Betonkern für Treppe und Aufzug ist der einzige Teil des Hauses, der nicht aus Holz besteht. Ansonsten hat das Haus zum Beispiel massive Decken aus unverleimtem, reinem Vollholz. Die Dämmung – und Statik – übernehmen 32 Zentimeter (oder 40 Zentimeter – da sind sich die Beschreibungen auf der Internetseite der IBA nicht einig) dicke Massivholzwände. Die Fassade altert auf natürliche Weise, weil sie unbehandelt ist. Selbst die Balkonplatten sind aus Holz. Und auch drinnen ist das Holz weitestgehend sichtbar – in Decken, Wänden und Böden. Wandaufbau, Nachhaltigkeitskonzept und vieles mehr hat der Bauherr, die Woodcube Hamburg GmbH, auf seinen Internetseiten zusammengetragen.

Unbehandelte Holzfassade des Woodcube bei der IBA in Hamburg

Die Fassade besteht aus unbehandeltem Holz, und auch sonst kommt der Woodcube ohne Bauchemie aus. Foto: Hendrik Schwartz

Die insgesamt acht Eigentumswohnungen sind zwischen 79 und 185 Quadratmeter groß. Sparen können die Bewohner bei den Energiekosten: Der Energiestandard von Woodcube sei mit einem Passivhaus vergleichbar, vermerkt die IBA in ihren Informationen. Tatsächlich sind die Werte niedrig: Die Verbrauchswerte lagen im Jahr 2013 bei durchschnittlich 10kw/h.

30 Beispiele fürs Bauen mit Holz

Haus der Hiendl Schineis Architektengemeinschaft im Landkreis Deggendorf.

Die dunkle Fassade des Hauses verschmilzt fast mit der Landschaft. Foto: Anna Höber

Immer noch bauen in meinem Bekanntenkreis mehr Menschen mit Ziegel als mit Holz. Schade, denn Holz ist meiner Meinung nach das schönere Baumaterial. Das zeigt aktuell auch das Buch „Die besten Einfamilienhäuser aus Holz“ (ISBN 978-3-7667-1995-9) aus dem Callwey-Verlag. Insgesamt 30 Bauprojekte werden vorgestellt – vom fünfeckigen Ferienhaus, das mit schwarz gebeizten Tannenschindeln verkleidet ist, bis zum Siedlungshaus, das von außen verputzt ist, aber zeigt, dass man in Holzständerbauweise auch vier Geschosse hoch bauen kann. Einige Bilder der vorgestellten Einfamilenhäuser gibt es bei Callwey.

Holzhaus im Landkreis Deggendorf, geplant von Hiendl Schineis Architektengemeinschaft.

Die Glasflächen sind wegen des Hangs zwangsläufig nach Norden gerichtet. Foto: Anna Höber

Besonders habe ich mich aber gefreut, dass in dem Buch ein niederbayerisches Projekt zu finden ist, das unsere Mitarbeiterin Anna Höber auch schon in der Passauer Neuen Presse vorgestellt hat. Es handelt sich um einen Entwurf der Hiendl Schineis Architektenpartnerschaft aus Passau. Architekt Stefan Hiendl hat mit dem Bauherren zusammen ein besonders schwierig zu bebauendes Hanggrundstück ausgewählt, das aber einen wunderbaren Blick über einen See bietet.

Die großen Glasflächen richten sich aufgrund der Grundstückslage zwar nach Norden, aber die beiden hintereinander im Hang gestaffelten Geschosse bekommen dennoch genug Licht. Schwarzes Holz bildet die Fassade ‒ und verschwindet fast vollkommen in der Landschaft. Wie das Haus eine Einheit mit dem Hang bildet, gefällt mir sehr gut.

Mir persönlich wäre es ein bisschen zu viel, dass auch innen das Haus komplett mit unbehandeltem Lärchenholz verkleidet ist ‒ Böden, Decke und die Innenflächen der Außenwände. Die Raumaufteilung dagegen finde ich sehr spannend: Schon an der Skizze im Buch sieht man, dass die konventionellen Vorstellungen hier keine Rolle gespielt haben. Überflüssiges fehlt, dafür wird da gewohnt, wo die schönsten Blicke locken.

Willkommen im „Haus Polz“ (2)

Die Hausführung geht weiter: Wie versprochen, dürft ihr auch einen Blick in die oberen Stockwerke werfen. Hier entlang!

Architektur in Norwegens Natur

Zwei Häuschen des Hotel Juvet in Norwegen

Die Häuschen des Hotels Juvet stehen mitten in der Natur.

Manchmal versteckt sich interessante Architektur dort, wo man sie am wenigsten vermutet. Zum Beispiel zwischen Birken, Espen, Kiefern, Felsen und einem Fluss in Norwegen, zwischen den Touristenmagneten Geirangerfjord und Trollstigen. Ursprünglich stand in einer einsamen Gegend irgendwo an dieser Landstraße ein Bauernhof – und einige Gebäudeteile des Hofes stehen immer noch. Doch dort, wo früher nur Wildnis war, sind heute Hotelzimmer – sehr ungewöhnliche allerdings. Sie gehören zum Hotel Juvet, das sich als „erstes Landschaftshotel Europas“ bezeichnet.

Ausblick vom Spa des Hotels Juvet

Nicht nur die sieben Häuschen, auch der Spa-Bereich, hier links die Terrasse, bietet wunderbare Ausblicke auf die norwegische Landschaft.

Sieben moderne Häuschen aus Holz verteilen sich mitten in der Natur. Das Besondere: Jedes Häuschen ist innen wie außen minimalistisch gestaltet, im Mittelpunkt steht jeweils der Ausblick. Wer in das Häuschen tritt, steht mitten in dem Zimmer, das viel freien Raum und wenig Möbel bietet. Doch darauf achtet sowieso niemand, denn eine Wand pro Haus, teils sogar zwei, sind aus Glas. Und weil Wände, Böden und Einrichtung in ganz dunklen Farben gehalten sind, schweift der Blick natürlich sofort zum Panorama, das es in sich hat – etwas anderes ist mitten in der norwegischen Natur auch kaum zu erwarten.

Ausblick aus einen Häuschen des Hotel Juvet

Weil das Zimmer in dunklen Farben gehalten ist, tritt der Ausblick in den Vordergrund.

Ich durfte eine Nacht in dem Häuschen verbringen, das direkt über dem Fluss Valldøla liegt. Und ich bin lange einfach nur dagesessen und habe aus dem Fenster, auf den Fluss, auf den Wald geschaut. Denn natürlich kommt man als Tourist wegen der Landschaft nach Norwegen. Und genau diese bekommt man hier wie auf einer Kinoleinwand geboten. Auch vom Bett aus, das in einer Zimmernische eingepasst ist, blickt man durch die Glaswand nach draußen. Jedes Haus hat eine andere Ausrichtung, ein anderes Panorama, und jedes Haus steht für sich alleine. Und jedes ist nur für zwei Personen konzipiert – wie ein Hotelzimmer, nicht wie ein Ferienhaus.

Kurt Slinning ist der Hotelier, der die Häuschen vermietet. Und dennoch sind Touristen, die nur eine Schlafstätte suchen, bei ihm an der falschen Stelle: „Wir verkaufen hier mehr als nur ein Zimmer“, sagt Slinning. Ihm geht es um die Philosophie, die hinter den Entwürfen der Architekten von Jensen & Skodvin aus Oslo steckt.

Alter Kuhstall des Hotel Juvet

Im ehemaligen Kuhstall des Hofes befinden sich heute Restaurant und Rezeption des Hotels.

Die Macht der Natur, Einsamkeit, Ruhe, Zurückgezogenheit, dafür steht Juvet. Das sollten die Urlauber auch zu schätzen wissen. Treffen können sich die Hotelgäste aber zum Beispiel im Spa-Häuschen, das ebenfalls mit Fluss-Blick aufwartet. Und gegessen wird zusammen  im Kuhstall des alten Bauernhofes. Knut Slinning kennt den Hof von früher, sein eigenes Sommerhaus liegt gegenüber. Als die Hauptstraße dazwischen zu einer der norwegischen Landschaftsrouten ernannt wurde und der Bauer seinen Hof zum Kauf anbot, entstand die Idee mit den Häuschen. „Wir arbeiten mit denselben Ressourcen wie früher die Bauern“, sagt Knut Slinning.

Das Hotel wurde 2012 mit dem Architekturpreis Houens Fonds Diplom ausgezeichnet. Dieser gilt als der älteste und renommierteste Architekturpreis in Norwegen. Er wird vom Kultusministerium verliehen an Projekte, die der Verband der norwegischen Architekten nominiert hat.

Wer bei seinem nächsten Norwegenurlaub eine Nacht in preisgekrönter norwegischer Architektur verbringen will, kann das für etwa 185 Euro pro Nacht und Person machen: Juvet Landskapshotell, 6210 Valldal, Telefon: 0047/95032010, www.juvet.com.

Das „Haus Polz“

Ich wohne seit 2008 im Landkreis Passau in einem Haus, das der Architekt Florian Fischer aus München geplant hat. Es ist ein Holzhaus, das die Firma Haidl aus Röhrnbach (Landkreis Freyung-Grafenau) gebaut hat.

Haus Polz aus südwestlicher Richtung

Das „Haus Polz“

Das Haus wurde 2010 von der Bayerischen Architektenkammer für die Architektouren ausgewählt.

Sensationellerweise hat es das „Haus Polz“ sogar ins  „Deutsche Architektur Jahrbuch 2010/11“ geschafft und wurde darin als eines von nur zwei Privatbauten vorgestellt – in ausgesprochen prominenter Nachbarschaft. Andere Seiten in dem Buch sind zum Beispiel dem Wiederaufbau des Neuen Museums auf der Museumsinsel Berlin von David Chipperfield Architects gewidmet oder dem VitraHaus in Weil am Rhein vom Basler Architekturbüro Herzog & de Meuron.

Was an meinem Haus so besonders ist? Da haben der Architekt, ich und die Architekturjournalisten jeweils ganz eigene Sichtweisen. Diese gibt es in Kürze hier nachzulesen.